Im Anschluss an die Lektüre „Das kunstseidene Mädchen“ von Irmgard Keun im Deutsch-Grundkurs 12 besuchten am 24.03.2023 16 Schülerinnen und Schüler mit ihrer Fachlehrerin Alexandra Andernach die Bühnenadaption der Romanvorlage aus dem Jahre 1932 im Sporkenburger Hof.
Inszeniert wurde das Stück durch das Theater Lahnstein in der Fassung von Gottfried Greiffenhagen unter der Regie von Arina Horre. Durch das circa zweieinhalb Stunden dauernde Solospiel führte Isabel Seibert als Doris und zeichnete gefühlvoll und facettenreich den schwierigen Weg der Titelfigur nach: den zum Scheitern verurteilten Sprung einer 18-jährigen Stenotypistin aus der rheinischen Provinz hinein ins glitzernde Berlin der Lichtspielhäuser, Revuetheater und Nachtclubs, in denen Männerbekanntschaften als Gegenleistung für Sex den erhofften gesellschaftlichen Aufstieg erbringen sollen. Doris manövriert sich von Affäre zu Affäre stärker an die Randseiten der Großstadtmetropole, immer nah am Abgrund, mehr Schatten- als Lichtgestalt. Und tatsächlich gelingt es ihr, den „Feh“, einem bereits vor Ankunft in Berlin gestohlenen Pelzmantel, im Schlepptau, sich in Zeiten von Weltwirtschaftskrise und erstarkenden Nationalsozialismus über Wasser zu halten. Nur nicht als „Glanz“. Diese Vision bleibt unerfüllt.
Der aufkommende Nationalsozialismus verunglimpfte den Roman recht zügig als „entartet“ und setzte ihn 1933 kurzerhand auf den Index. Ende der 1970er Jahre erlebte Irmgard Keun noch zu ihren Lebzeiten die Wiederentdeckung ihrer Werke. Fast 50 Jahre später muten ihre Protagonistinnen weiterhin sehr modern an: emanzipatorisch, sozialkritisch, unbequem im Blick auf das andere Geschlecht, individuell in ihrem an die Mündlichkeit der Sprache angelehnten Ausdruck.
Wen wundert’s da, dass auch „Das kunstseidene Mädchen“ im Sporkenburger Hof viel Beifall erhielt Allem voran gefiel Isabel Seibert. Als der Kurs um ein gemeinsames Foto bat, hierfür sei einfach auf die Bühne zu kommen, strahlten heller als ein halbes Dutzend Scheinwerfer die Gesichter der jungen Erwachsenen. Sie glänzten.