Das Geburtshaus von Karl Marx in der Brückenstraße 10 in Trier ist seit 1968 Museum. 700 Meter von der Porta Nigra entfernt, ist es fußläufig einfach zu erreichen, ein kurzer Spaziergang durch die Innenstadt und Jeannine Huster, Kuratorin des Karl-Marx-Hauses, kurz KMH, öffnet die Pforten des 1727 erbauten Barockpalais. Hier erblickte am 5. Mai 1818 der Vater des Marxismus das Licht der Welt. Nach dem Abitur, 17 Jahre später, zog Marx zu Studienzwecken aus Trier fort, ging zunächst nach Bonn und wechselte kurz darauf nach Berlin (1836), wo er fünf Jahre später zum Doktor der Philosophie promoviert wurde. Der Rest ist bekannt. Oder nicht?

Marx‘ berühmten Satz oder besser gesagt die zehn ersten Worte des sogenannten Kommunistischen Manifests (1848) so leidlich im Ohr wollte es der Geschichte-Leistungskurs der Jahrgangsstufe 12 noch etwas genauer wissen und reiste mit Fachlehrerin Claudia Stein zu einer Führung durch das KMH in Trier an. Die Exkursion fand am 28. September 2022 statt.

Unter museumspädagogischer Anleitung wurde beim Rundgang durch die 450 m² umfassende Dauerausstellung zum einen interaktiv Karl Marx als Mensch des 19. Jahrhunderts erfahrbar gemacht, zum anderen lehrplanorientiert aufgezeigt, dass die aktuellen politischen Herausforderungen der Gegenwart immer wieder an den Theorien des Philosophen und Ökonomen zu messen sind.

Wie also hätte Marx die Wirtschaftskrisen des 21. Jahrhunderts analysiert? Ideen hierzu eröffnet ebenda das Manifest der Kommunistischen Partei von Karl Marx und dessen Co-Autor Friedrich Engels. Es in pointiert gewählten Auszügen zu lesen und mit den Kursteilnehmer:innen in Form gedanklicher Inputs kritisch zu diskutieren, stand im zweiten Teil Besuchs mit Workshop (im hausinternen Seminarraum) im Mittelpunkt des Geschehens. Zahlreiche Aspekte, die die Autoren vor mehr als 170 Jahren als Mechanismen eines kapitalistischen Wirtschaftssystems anprangerten, allem voran die Entfremdung des Menschen von seiner Arbeit, letztlich von sich selbst und der Gesellschaft, haben unter ökonomisch wechselnden Vorzeichen entgegen der Utopie zwischenzeitlich noch an Fahrt gewonnen. Der Geist des Kapitalismus hat seinen globalen Siegeszug angetreten. Digitale Flügel sind ihm gewachsen. Sportlich ist er 2022 unterwegs.

Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst des Kommunismus, 23 Seiten revolutionärer Sprengkraft schließen sich diesem Statement an, sie sind seit 2013 Teil des Weltdokumentenerbes der UNESCO. Klingt nach Geschichte. Oder doch nicht?